Foto: Homepage Bundes-SPD
Die Hünstetter Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten trauern um Hans-Jochen Vogel, der am 26. Juli im Alter von 94 Jahren in München verstorben ist. Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende war nicht nur ein großer Sozialdemokrat, sondern einer der bedeutendsten deutschen Politiker der Nachkriegszeit.
Davon zeugen die vielen Würdigungen dieses überzeugten Demokraten aus allen politischen Lagern; Hans-Jochen Vogel hat sich um unser Land verdient gemacht hat! Hier einige der Würdigungen, die die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung am 26.07. zusammengestellt hat:
Nach dem Tod von Hans-Jochen Vogel hat die SPD ihren ehemaligen Vorsitzenden gewürdigt. Über ihren Twitterkanal teilte die Partei mit: „Er war der erste Vorsitzende der wiedervereinigten SPD. Er war ein großer Sozialdemokrat, ein Vorbild, ein Freund. Hans-Jochen Vogel kämpfte sein Leben lang für sozialdemokratische Werte, eine gerechte Welt und für ein einiges Europa. Er wird fehlen.“ Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken schrieb auf Twitter, Deutschland und die SPD hätten Hans-Jochen Vogel viel zu verdanken. In seinem Leben habe er stets Partei für Menschen ergriffen und wie kaum einer für Verständnis und Fürsorge, Demokratie und Menschlichkeit gestritten. „Wir trauern und verneigen uns vor diesem großen Sozialdemokraten.“ SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigt sich „sehr traurig“. Mit Vogel sei ein „ganz großartiger Mensch“ von uns gegangen. Jemand der dieses Land über Jahrzehnte geprägt hat und dem wir alle viel zu verdanken haben. Seine fast wöchentlichen Briefe mit Gedanken waren ein wirkliches Highlight“. Heute sei ein trauriger Tag für die Sozialdemokratie, erklärte Finanzminister Olaf Scholz. Mit dem Tod von Hans-Jochen Vogel verliere die SPD einen „ungemein klugen, weit blickenden, fleißigen und bescheidenen Mann“. Arbeitsminister Hubertus Heil würdigte Vogel als herausragenden Staatsmann und großen Sozialdemokraten: „Er hat unserer Demokratie gedient und unser Land geprägt. Ich verneige mich in tiefer Dankbarkeit vor einem wunderbaren Menschen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Vogel als „eine der prägenden politischen Persönlichkeiten der Nachkriegszeit“ gewürdigt. „Sein Wirken war und ist Inspiration und Vorbild für viele Menschen in Deutschland“, ließ Merkel über eine Regierungssprecherin auf Twitter schreiben.
Der Tod Hans-Jochen Vogels sei für ihn persönlich ein großer Verlust, bekannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Vogel habe „die deutsche Sozialdemokratie und die Politik unseres Landes maßgeblich geprägt“. Seine Disziplin und Geradlinigkeit, sein Pflichtbewusstsein und sein christliches Menschenbild hätten „ihm über alle Parteigrenzen hinweg größten Respekt eingebracht“.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble erklärte, Deutschland verliere eine prägende Persönlichkeit. Der „leidenschaftliche Sozialdemokrat“ habe „Politik stets aus tiefer Überzeugung und aus innerer Verpflichtung gestaltet“. Vogel sei ein „Streiter für eine gerechtere Gesellschaft“ und ein „Verteidiger unserer Demokratie“ gewesen.
Mit Hans-Jochen Vogel verliere Deutschland eine herausragende Persönlichkeit, schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Ihn berühre dessen Tod sehr: „Über Parteigrenzen hinweg genoss er durch seine glaubwürdige Politik und authentische Art höchstes Ansehen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.“ Als Oberbürgermeister habe Vogel München in eine neue Zeit geführt, teilte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter mit. Es sei ein großes Glück gewesen, dass er die Olympischen Spiele 1972 nach München geholt habe. „U-Bahnen wurden gebaut, neue Stadtquartiere entstanden und der Olympiapark wird für immer mit seinem Namen verbunden sein. Ohne die visionäre Politik von Hans-Jochen Vogel wäre München nicht schon 25 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zu der weltoffenen, internationalen und liebenswürdigen Stadt, wie wir sie kennen, geworden.“ Der Münchner Kardinal Reinhard Marx würdigte Vogel als einen Menschen, für „dessen Handeln das christliche Menschenbild leitend gewesen“ sei. „Es war nicht unbedingt selbstverständlich, wie Hans-Jochen Vogel als Sozialdemokrat sein Katholisch-Sein und seine damit verbundenen moralischen Grundsätze öffentlich bekannte und lebte.“
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ehrte Vogel als großen Sozialdemokraten und pflichtbewussten Politiker mit einer Biographie voll deutscher Geschichte. „Er hat sich um unser Land verdient gemacht. Mit ihm geht ein kluger Kopf und streitbarer Demokrat von uns.“ Mit Hans-Jochen Vogel sei ein „sozialdemokratisches Urgestein von uns gegangen“, schrieb Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag. Vogel habe das politische Geschehen der Bonner Republik ebenso mit geprägt wie die Anfangszeit der Wiedervereinigung. „Ein kluger, scharfer Geist. Die deutsche Sozialdemokratie verliert einen Großen.“
Vogel war am Sonntagmorgen im Alter von 94 Jahren gestorben. Bevor er in die Bundespolitik wechselte, war Vogel von 1960 bis 1972 zwölf Jahre Münchner Oberbürgermeister.
Das Kondolenzschreiben des Parteivorstandes im Wortlaut:
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands trauert um Hans -Jochen Vogel.
Er war ein überzeugter und überzeugender Sozialdemokrat, der die SPD und unser Land in den langen Jahrzehnten seines Wirkens entscheidend geprägt hat. Er war uns immer ein zuverlässiger, selbstloser Freund und Ratgeber. Unsere Demokratie hat einen der meinungsstärksten und gestaltungskräftigsten Politiker ihrer Geschichte verloren. Hans-Jochen Vogel wurde 1926 geboren. Er gehört zu der Generation von Politikern, deren Antrieb es nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der Shoah war, Politik im Sinne des Versprechens „Nie wieder Krieg“ zu gestalten.
Er trat 1950, ein Jahr bevor er das Studium der Rechtwissenschaften erfolgreich abgeschlossen hatte, in die SPD ein. Seitdem engagierte er sich für unser Gemeinwesen und die freiheitliche, soziale Demokratie in der jungen Bundesrepublik. Bereits 1960 bereits wurde er Münchner Oberbürgermeister, ein Amt, das er wie alle nachfolgenden Aufgaben mit der ihm eigenen Mischung aus großem Pflichtbewusstsein, Charakterstärke und genauem fachlichem Durchblick ausfüllte. Sein Hauptanliegen, auch später als Bundespolitiker, war es immer, sehr konkret die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern. In diesem Sinne wirkte er im Kabinett Brandt als Wohnungsbauminister und als Bundesjustizminister in der Regierung von Helmut Schmidt. In Erinnerung bleiben werden besonders sein ausgleichender Einsatz für die Novellierung des Paragraphen 218 und die Verabschiedung eines modernen Strafvollzugsgesetzes.
Zusammen mit Helmut Schmidt bestand er die schwerste Prüfung seines politischen Lebens während der Zeit des RAF-Terrors Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Dem öffentlichen wie politischen Druck stand zu halten und nach reiflicher Abwägung der Erpressung der Terroristen nicht nachzugeben, war sicher die schwerste Entscheidung, die er mit dem Bundeskanzler standhaft vertrat und verantwortete. Wir haben Hans-Jochen Vogel geschätzt als treuen Genossen, der immer dann zur Stelle war, wenn Hilfe in politisch schwieriger Situation gebraucht wurde. Das galt für seine Arbeit als Regierender Bürgermeister von Berlin 1981 und sicher auch für seine Bereitschaft als Kanzlerkandidat der SPD 1983 gegen Helmut Kohl anzutreten.
Als Nachfolger von Herbert Wehner als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion1983 und vier Jahre später auch mit der Übernahme des Parteivorsitzes ist es ihm gelungen – nach dem Machtverlust der Partei – programmatische Perspektiven in der Opposition zu entwickeln. Auch in dieser Doppelaufgabe verfolgte er seine politischen Ziele mit Zähigkeit, Effizienz und Durchsetzungsstärke: Als Parteivorsitzender war ihm die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms -des Berliner Programms von 1989 – ebenso wichtig wie die Organisation der Volkspartei SPD. Das Wort „Vertrauensarbeit“ war für ihn kein hohler Anspruch, dies hat er durch Volksnähe und penible Kleinarbeit vorgelebt. Es müssen, wie er einmal sagte, „auch dünne Bretter gebohrt werden in der Politik“. Die Frauen in der SPD verdanken vor allem seiner unbeirrbaren Willensstärke den Quotenbeschluss der Partei vom Parteitag in Münster 1988.
Eine große Freude und eine Herzensangelegenheit war ihm als erstem gesamtdeutschem SPD-Vorsitzenden die Integration der ostdeutschen Genossinnen und Genossen. Für deren Anliegen zeigte er immer großes Verständnis und genießt gerade bei ihnen bis heute besonderes Ansehen.
Hans-Jochen Vogel war auch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik ein aufrechter Kämpfer gegen jede Art von rechtsextremem Gedankengut. Als Vorsitzender des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ hat er sich unermüdlich für angemessene Aufklärung über die Zeit der Diktatur eingesetzt und gleichzeitig immer wieder zu demokratischem Engagement für unser Gemeinwesen ermuntert. Er hat immer daran geglaubt und sich gegen alle skeptische Schwarzmalerei dafür eingesetzt, unsere Welt zum Positiven zu verändern. Seine Mahnung, die Grundtugenden der sozialen Demokratie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nicht zu Lippenbekenntnissen verkommen zu lassen, werden uns Auftrag und Verpflichtung sein. Der Lebensweg von Hans-Jochen Vogel ist zutiefst beeindruckend: Bis ins hohe Alter hinein hat er sich eingemischt in politische Debatten. Seine fundierten Beiträge zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen waren stets getragen von seiner mitmenschlichen Verantwortung und fußten wesentlich auch auf seinem christlichen Glauben. Die Probleme des Älterwerdens ging er zusammen mit seiner Frau Liselotte in einer für viele Menschen mutmachenden Weise an. Es lag ihm viel daran, Zuversicht zu verbreiten und den letzten Lebensabschnitt in Würde und Selbstbestimmtheit zu gestalten und anzunehmen.
Wir werden Hans-Jochen Vogel vermissen und blicken mit großem Respekt und großer Dankbarkeit zurück. Er war eine einzigartige Persönlichkeit und hat unser Land und seine SPD für immer geprägt. Seinem Beispiel hoher moralischer Integrität und nimmermüdem Einsatz für das Gemeinwohl fühlen wir uns verpflichtet.
Wir sind stolz darauf, dass Hans-Jochen Vogel einer von uns war und bleibt.